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FederLesen

Mood Tracking

Sagt Ihnen, meine geschätzten FederLeserinnen und -Leser die Überschrift des heutigen FederLesen-Beitrags genauso wenig wie ursprünglich auch mir? Ja, okay, Stimmungsverfolgung könnte man es etwas holprig übersetzen. Aber was heißt das schon? Wer verfolgt da wen und wozu sollte man Stimmungen verfolgen? Schlimm genug, wenn man an manchen Tagen von gewissen Stimmungen verfolgt wird – aber umgekehrt? Warum sollte ich Stimmungen verfolgen, denen ich gar nicht folgen will? So oder ähnlich lauteten zunächst meine Fragen, als ich das erste Mal von Mood Tracking gelesen habe.

Vielleicht geht es Ihnen ja ähnlich und Sie denken, was sei denn das wieder für ein Schmarren. Mitnichten ist das ein solcher!, kann ich da nur entgegenhalten. Sie sind also ebenso wie Ihr FederLesen-Autor scheints nicht auf der Höhe der Zeit. Der Homo Sapiens-Sapiens des 21.Jahrhunderts braucht anscheinend Dinge, wo man sich frägt, wie die Menschheit die Jahrtausende davor ohne diese unbeschadet überstehen konnte. Gut, das mit dem Unbeschadetsein lasse ich einmal unkommentiert so stehen …

Um an dieser Stelle keine schlechte Stimmung aufkommen zu lassen ist es höchste Zeit Sie nicht mehr länger auf die Folter zu spannen und ein paar erklärende Worte einzufügen. Betreibt man Mood Tracking, so ist es notwendig ein sogenanntes Bullet-Journal zu führen. »Bullet« bezeichnet zwar die Pistolenkugel, ich denke aber die Erschaffer dieser glorreichen Einrichtung haben eher den Begriff »Bulletin« ein bissl eingekürzt. Warum? Ich weiß es nicht, aber: Wurscht! In dieses Bullet-Journal trägt man über den Tag verteilt seine jeweiligen Stimmungen ein.

Am Ende des Tages – (wahlweise) vor, nach oder anstatt des Abendgebetes oder, (wiederum wahlweise) vor, nach oder anstatt der abendlichen ehelichen Verpflichtungen – nimmt man das Journal zur Hand, ordnet jeder Stimmung eine bestimmte Farbe zu und malt daraus das Stimmungsbild des vergangenen Tages. So füllt sich das Bullet-Journal des fleißigen Mood-Trackers Tag für Tag und ergibt dann irgendwann ein schönes mehr oder weniger buntes Heftchen; so eine Art Stimmungsmandala.

Der Begriff »Heftchen« gilt allerdings nur für die analogen Mood-Tracker. Da es nichts gibt, was sich nicht auch in die digitale Welt übertragen ließe, gibt es selbstverständlich längst schon mehrere Mood-Tracking-Apps für Smartphones auf den Play-Stores der diversen Anbieter. Ob man dann, falls man öfter schlechter Stimmung ist, mehr Online-Werbung von Antidepressiva oder Hochprozentigem zwecks Aufhellung erhält, ist dabei natürlich im Bereich des Möglichen. Oder, falls einem der Chef oder die Chefin regelmäßig auf den Eh-schon-wissen geht, dass man Stellenangebote erhält oder, falls es die Partnerin oder der Partner ist, Angebote von einschlägigen Dating-Plattformen – ich weiß es nicht; es kann aber ebenfalls nicht ausgeschlossen werden.

Sinn und Zweck der Mood-Trackerei ist es nach einer gewissen Zeit bestimmte Muster der eigenen Stimmungslage zu erkennen und – im besten Fall – eingreifen zu können und eine Änderung des eigenen Verhaltens herbeizuführen. So weit die Intention der Erfinder des Mood-Trackings! Hier eröffnet sich – zumindest aus meiner bescheidenen Sicht – wieder einmal der Unterschied zwischen »gut gemeint« und »gut gemacht«: Denn ehrlich, müsste ich den ganzen lieben langen Tag damit verbringen meine jeweilige Stimmung zu erfragen und zu dokumentieren, ich wäre, abgesehen davon, dass ich zu sonst kaum mehr etwas käme, schon allein aufgrund dessen schlechtester Stimmung. So tracke ich meinen mood auch weiterhin nicht und bleibe gut gelaunt. Und genau das wünsche ich an dieser Stelle auch allen meinen FederLeserinnen und -Lesern!

2021 07 28/Fritz Herzog