FederLesen

Die Sphinx, die Pyramiden und die chinesische Mauer

Ihr FederLeser-Autor ist, wie die treuen FederLeserinnen und -Leser sicher schon bemerkt haben, dankbar für jede skurrile Geschichte, die er im Internet oder sonstwo findet. Mein besonderer Dank gilt dabei immer wieder den Amerikanern. Im Land der unbegrenzten Möglichkeiten sind, wie es scheint, auch die Skurrilitäten schier unbegrenzt und ich greife oft und gerne darauf zurück. Zahlreiche Geschichten auf diesem Blog beweisen das immer wieder aufs Neue.

Da in jüngster Zeit China den USA den Rang als Wirtschaftsnation Nummer Eins auf dieser Erde abzulaufen beginnt, dürfte sich auch das Skurrile zusehends ins sogenannte Reich der Mitte verlagern. Ob zwischen Wirtschaftsmacht und Skurrilitäten ein Zusammenhang besteht, wäre eine eigene Studie wert.

Die Universität von Zhejiang in Hangzhou ist nicht irgendeine Universität in China; das chinesische Bildungsministerium reiht sie unter den Top drei des Landes ein. Das Motto der Universität lautet dementsprechend auch »Seeking Truth, Pursuing Innovation«. Da anzunehmen ist, dass sie die Wahrheit nicht nur suchen, sondern hoffentlich auch finden, wird doch das, was deren ehrenwerter Professor Huang Heqing vom archäologischen Institut in seinen Vorlesungen so von sich gibt, auch der Wahrheit entsprechen.

Kürzlich berichtete die Taiwan English News, dass dieser Professor Huang schlicht und einfach behauptet, dass ein großer Teil unserer westlichen Kulturgüter Fakes, also mehr oder weniger ein Schmäh,seien. So meint er beispielsweise, dass die ägyptischen Pyramiden mitsamt der Sphinx ebenso wie das Parthenon in Athen und viele andere historische Stätten Fälschungen seien. Allesamt seien sie im 19. und 20. Jahrhundert unter erheblichem finanziellem Aufwand errichtet worden.

Es hätte nämlich, so Professor Huang, ein französischer Chemiker und Materialwissenschaftler herausgefunden, dass beispielsweise die Pyramiden und die große Sphinx nicht aus Stein, sondern – raten Sie mal?! – richtig: aus Beton seien. Ein weiterer, diesfalls ein nicht namentlich genannter amerikanischer Wissenschaftler (also doch ein bisserl Amerika!) hätte die Betonthese bestätigt. Zusätzlich beweisen irgendwelche Skizzen des seinerzeitigen Direktors des Louvre von der Landschaft rund um die Pyramiden von Gizeh aus dem Jahr 1798, dass es sie damals noch nicht gegeben hat.

Na bitte, wenn das keine ausreichenden Beweise sind! Was will man noch mehr an Beweisen? Ehrlich gesagt, nehmen wir den Professor Huang einmal ernst und seine Aussagen für bare Münze, dann hätten schon eine Menge Leute eine Menge Mühen und Plagen auf sich und eine Menge Geld in die Hand genommen um all diese Fälschungen zu errichten. Alle Achtung! Tolle Leistung! Chapeau! Oder anders formuliert: Wie fad müsste denen gewesen sein, dass sie auf solche Ideen gekommen sein sollten?

Mögen wir uns bis hierher über die schrullige These des chinesischen Professors erheitert haben, so wird es viel weniger heiter, wenn man liest, wieso er dies behauptet. Er meint nämlich, dass der Western (wen oder was immer er darunter versteht) das alles nur getan hätte, um die in seinen Augen viel größere, dem Westen weit überlegene chinesische Kultur klein zu machen. So wird aus dem eben noch schrulligen Professor mit seiner skurrilen These blitzartig ein Ultranationalist. So schnell kann’s gehen. Beides liegt oft nah beisammen!

So, und als Retourkutsche behaupte ich jetzt abschließend, die chinesische Mauer sei seinerzeit nicht errichtet worden um Überfälle nomadischer Reiterhorden in China zu verhindern, sondern, konträr, dass Leute wie der Professor Huang nicht aus China hinaus können. Behaupten wird man ja noch dürfen, wie man anscheinend ungestraft jeden Unsinn behaupten kann. Oder?

2021 02 23/Fritz Herzog

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