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FederLesen

»Wrdlbrmpfd« und der Neologismus

Kaum zieht der Dezember ins Land und das Jahr neigt sich dem Ende zu (noch nie konnte mir wer erklären, wie denn ein Jahr sich neigen solle – aber sei’s drum!) fühlen sich alle möglichen Institutionen bemüßigt ein »Ding des Jahres« zu küren. Ob »Tier des Jahres«, »Pflanze des Jahres« oder »Wasweißich des Jahres«, nix ist denen zu weit an den Haaren herbeigezogen, um damit nicht irgendein Krümelchen medialer Aufmerksamkeit zu erhaschen.

Etwas bedeutsamer mögen noch die vom amerikanischen Time Magazine seit 1927 jährlich ernannten »Man of the year« sein, auf deren Veröffentlichung die Medienwelt jedes Jahr sabbernd wartet wie die vinophile Gesellschaft auf den jeweiligen Beaujolais Nouveau. Aber ehrlich, wussten Sie, meine geschätzten FederLeserinnen und Leser, wer, wahllos herausgegriffen mein Geburtsjahr, »Man oft he year 1955« war? Ein gewisser Herr Harlow Curtice! Nie von dem gehört, sagen Sie? Ich auch nicht! Daran erhellt sich die kurzlebige Bedeutung dieses angeblichen Ehrentitels wohl am allerbesten. Korrekterweise muss ich an dieser Stelle noch festhalten, dass es seit 1999 gendermäßig richtig »Person of the year« heißt und deshalb 2020 Joe Biden und Kamala Harris gleichermaßen die Ehre zuteilgeworden ist.

Aber das »Dingsbums des Jahres«-Spiel geht weiter. Unterhaltsamer finde ich die Sachen mit dem »Wort des Jahres« und dem »Unwort des Jahres«. Welche das waren, will ich an dieser Stelle verschweigen – FederLesen hat sich nämlich vorgenommen stets unpolitisch zu sein. Auf Wunsch können Sie es sich ja selbst zusammengoogeln.

Jedenfalls reihen sich diese Wort- und Unwort-Kreationen Jahr für Jahr in die Riege der neuen Wörter ein und begründen so die wundersame Welt der sogenannten Neologismen. Besondere Verdienste um die Neologismen hat sich das »Leibniz-Institut für Deutsche Sprache (IDS)« der Universität Mannheim erworben. Dort werden sämtliche neuen Wörter gesammelt, beschrieben und, wie es sich für Wissenschaftler eben gehört, auch katalogisiert.

Auf diese Art und Weise sammelte man dort alleine in den Zehner Jahren unseres Jahrhunderts gezählte 543 neue Wörter von »Abbruchjäger« bis »Zwittersnack«. Damit heute nicht alles unerklärt bleibt, ersterer ist jemand der darauf setzt, dass eine Online-Auktion abgebrochen wird, um Schadenersatz fordern zu können und letzteres ist schlicht und einfach ein Snack mit verschiedenen Zutaten. So, damit hat FederLesen seinen Bildungsauftrag für heute erfüllt!

Noch krasser sind die vom IDS in Zusammenhang mit der Corona Pandemie gesammelten neuen Wörter – diesfalls sind es aktuell bereits 2068. Diese wunderbaren Wortschöpfungen reichen von »Abflachen der Kurve« bis zu »Zweitimpfling«. Man sieht wie wir coronamäßig bereits domestiziert wurden, denn bei diesen Beispielen erübrigt sich eine Erklärung; sie sprechen für sich selbst.

Ein wenig stimmt das alles Ihren FederLesen-Autor traurig, denn, ich gestehe, er würde so gerne auch einmal ein neues Wort erfinden. Eines, das einprägsam ist, mit einer tiefsinnigen Aussage und das binnen kürzester Zeit in den allgemeinen Sprachgebrauch einfließt. Mit einem Wort eines, auf das das IDS, der Duden und sämtliche Germanisten geradezu sehnsüchtig gewartet haben.

Da fiel mir ein wunderschönes Wort ein: »Wrdlbrmpfd«! Ist es nicht schön? Und das Novum daran ist, es kommt ganz ohne Vokale aus. Ganz stolz war ich auf diese Wortkreation und dann komme ich drauf, dass dieses Wort schon vor über siebzig Jahren der große Karl Valentin kreiert hat. Na immerhin, Karl Valentin ist bei Gott nicht die schlechteste Gesellschaft in FederLesen!

2021 12 09/Fritz Herzog