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FederLesen

Prinz Sado und die Pädagogik

Mit der Pädagogik ist das so eine eigene Sache. Man setzt Kinder in die Welt und ist dann erstaunt, was die den ganzen lieben langen Tag so tun uns lassen. Es beginnt mit – abwechselnd – nächtlicher Ruhestörung und voll geschissenen Windeln, setzt sich irgendwann fort in der Pubertät genannten Phase, wenn die Eltern anfangen komisch und peinlich zu werden und mündet letztendlich in jener Zeit, wenn man sich als Eltern um vier Uhr morgens sorgenvoll frägt, wo sich der Fortpflanz wohl herumtreibt und wo er oder sie denn so lang bliebe. Und all die Dinge zwischen den eben kurz zusammengefassten Entwicklungsschritten nennen sich Erziehung oder eben Pädagogik.

Bibliotheken füllende Folianten von Ratgebern sind zu diesem Thema schon erschienen und ihr FederLesen-Autor wird sich hüten an dieser Stelle weitere mehr oder minder kluge Ezzes abzusondern. Nichts liegt mir ferner! Ich vermute ja, dass das anscheinend genetisch bedingte Vergessen des Verhaltens in der eigenen Kindheit und Jugend dazu führt, dass sich die Fehler von Generation zu Generation fortpflanzen, dies mit dem Ergebnis, dass – oh Wunder! – aus jeder Generation letztendlich doch etwas Vernünftiges wird.

Es ist auch unendlich beruhigend, wenn klügere Köpfe als Unsereiner wie beispielsweise der alte Aristoteles vor über 2000 Jahren schon Sätze wie diesen sagen konnten: »Ich habe überhaupt keine Hoffnung mehr in die Zukunft unseres Landes, wenn einmal unsere Jugend die Männer von morgen stellt. Unsere Jugend ist unerträglich, unverantwortlich und entsetzlich anzusehen«. Oder – noch älter – in einem Keilschrifttext aus Ur zu lesen ist: »Unsere Jugend ist heruntergekommen und zuchtlos. Die jungen Leute hören nicht mehr auf ihre Eltern. Das Ende der Welt ist nahe«.

All das haben wir überlebt und auch Nestroy irrte, als er couplierte »die Wöd steht auf kan Fall mehr lang, lang, lang lang« Diese Irrtümer sind doch beruhigend, finden Sie nicht, meine geschätzten FederLeserinnen und Leser?

Einer der so überhaupt kein Vertrauen in die Entwicklung seines Sohnes hatte war der König Yeongjo, der im 18.Jahrhundert in Korea regierte. Jetzt war sein Sohn, Prinz Sado, in der Tat ein besonderes Früchtchen und bereitete seinem Vater eine Menge Sorgen. Prinz Sado war verheiratet, hatte auch zwei Söhne, trieb es aber reichlich bunt in den Palästen von Seoul. So soll er es wild mit Prostituierten und angeblich sogar mit seinen Schwestern getrieben haben, ermordete aus Jähzorn gelegentlich Diener am Hof und beging derlei Grauslichkeiten mehr. So dürfte in Korea das Grausliche bis heute Tradition haben, denn das einzig lustige an dem Tyrannen im heutigen Nordkorea ist doch auch nur seine Frisur.

Jedenfalls hatte Papa Yeongjo von seinem Sohn und Thronfolger irgendwann so genug, dass er ihn in eine Reiskiste sperren und ihn da drin kurzerhand verhungern und verdursten ließ. Der Grausamkeit setzte er noch eines drauf, indem der den zehnjährigen Sohn von Sado, Jeongjo, der qualvollen Hinrichtung seines Vaters zusehen ließ.

Als nach dem Ableben König Yeongjos sein Enkel Jeongjo an die Macht kam und König von Korea wurde, ließ er zu Ehren seines so grausam ermordeten Vaters diesem ein Mausoleum bauen um ihn wenigstens auf diese Art und Weise noch zu Ehren kommen zu lassen. Die Moral von der Geschicht‘? Auch wenn seit beinahe ewigen Zeiten von den Alten über »die heutige Jugend« gemeckert wird, auf die Kinder ist oft mehr Verlass als auf die Alten. Und das sage ich als einer, dessen eigene Jugend auch schon ein paar Jährchen vorüber ist.

2021 11 -04/Fritz Herzog