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FederLesen

Mit High Heels auf den Himalaya?

Neben zahlreichen erfahrenen Bergsteigern haben auch alle möglichen seltsamen Typen schon versucht den Mt.Everest zu erklimmen, um irgendwelche absurden Rekorde zu brechen. Der älteste (80 Jahre) und der jüngste Mensch (10 Jahre) oder ein beinamputierter Mann mit zwei Beinprothesen und ein Blinder seien da nur als ein paar Beispiele genannt.

Dabei ist nicht nach wie vor umstritten wer der erste Mensch am Mt.Everest war. Landläufig sagen wir, es waren Edmund Hillary und Tenzing Norgay im Jahr 1953. Es könnten aber auch George Mallory und Andrew Irvine bereits im Jahr 1924 gewesen sein. Letztere sind von ihrem Aufstieg nicht mehr zurückgekehrt und es ist nicht bekannt, ob sie den Gipfel erreicht hatten und womöglich erst beim Abstieg verunglückt sind. Das Auffinden von Mallorys Leichnam im Jahr 1999 brachte auch keinen Hinweis, bestenfalls Indizien.

Aber vielleicht war es auch jemand ganz anderer, Maurice Wilson! Mister Wilson stammte aus einer englischen Mittelschichtfamilie, war bestenfalls durchschnittlicher Schüler, fand nach mehreren gescheiterten Ehen und einer Tuberkuloseerkrankung durch Glauben, Beten und Fasten zu spirituellem Leben. Seinen Lebensunterhalt verdiente er als Schuhverkäufer für Damenschuhe.

Während einer Fastenkur und der Lektüre über die Mallory-Expedition wuchs in ihm der Wunsch als erster Mensch den Mt.Everest zu besteigen – um dort dem Himmel näher zu sein, wie er meinte.

Bergsteigerische Kenntnisse glaubte er dadurch zu erwerben, indem er den Mount Snowdon bestieg. Der Berg ist mit 1085 Meter Höhe zwar die höchste Erhebung in Wales, mit dem Mt.Everest ist dieser bessere Hügel aber beim besten Willen nicht zu vergleichen. Das hinderte Wilson keineswegs in seinen Absichten. Seine Idee war es ohnehin, mit einem Flugzeug in Gipfelnähe zu landen und von dort den Gipfel zu erreichen. Wie sich der kleine Moritzl – oder eigentlich: Maurice – den Himalaya halt so vorgestellt hat …

Allein, er konnte auch nicht fliegen! Er erwarb kurzerhand ein Doppeldeckerflugzeug, nahm ein paar Flugstunden, und kam trotz Flugverboten und allerlei anderer Hindernisse im Jahr 1933 mehr illegal als legal immerhin bis Indien. Dort war dann fliegerische Endstation, denn er durfte aufgrund der politischen Verhältnisse weder nach Nepal noch nach Tibet fliegen.

Auf mehreren Umwegen schaffte er es ohne Flugzeug trotzdem 1934 nach Nepal und begann seine Aufstiegsversuche. Mehrere Anläufe mit Sherpas scheiterten so lange bis sich diese weigerten mit diesem seltsamen Englishman weitere Versuche zu unternehmen. So versuchte er es alleine. Von seinem letzten, Ende April 1934, kehrte er nicht mehr zurück.

So traurig das Leben dieses schrulligen Engländers geendet hat, so seltsam wird es nach seinem Tod dort oben unterhalb des Gipfels des Mt.Everest – eine makaber-skurrile Geschichte, so richtig nach dem Geschmack Ihres FederLesen-Autors. Eine Geschichte besagt beispielsweise, dass, als man seinen Leichnam fand, er Damenunterwäsche getragen haben soll. Ich will an dieser Stelle keine Witzchen über Männer in Damenwäsche reißen, aber als richtige Bekleidung auf 8.000 Meter Höhe würde ich es nicht bezeichnen.

Eine andere Geschichte besagt, dass er, der keine Ahnung von der Verwendung von Steigeisen hatte, es jedoch, eingedenk seiner Erfahrungen als Verkäufer von Damenschuhen, mit Stöckelschuhen versucht haben soll. Keine Ahnung, meine geschätzten FederLeserinnen und -Leser, ob diese Geschichten alle stimmen, aber merkwürdig ist es schon, dass erst vor wenigen Jahren eine chinesische Expedition knapp unterhalb des Gipfels des Mt.Everest einen Damenschuh mit hohen Absätzen gefunden hat. Vielleicht hat Maurice Wilson es mit High Heels ja tatsächlich auf den Gipfel geschafft – wer weiß?

2022 04 02/Fritz Herzog