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FederLesen

Siebenundvierzigelf

Als einst ein Reporter Marilyn Monroe fragte, was sie denn zur Nacht trägt, antwortete sie kokett »Chanel Nº 5«. Dass so eine Antwort vor über sechzig Jahren die erotischen Phantasien unserer Väter in Wallungen versetzen konnte, ist bei der auch posthum noch immer wirkenden Ausstrahlung der Monroe verständlich; schließlich ist dieser nicht nur ein John F. Kennedy erlegen.

Die Wirkung der unterschiedlichen Düfte, die Damen aus den mehr oder weniger prallen Dekolletés entspringen, auf den mit einem Y-Chromosom versehenen Teil der Menschheit hat, hat sich im Laufe der Geschichte nicht verändert. Verändert haben sich hingegen die bevorzugten Düfte. So schrieb noch etwa hundertfünfzig Jahre vor Marilyn Monroes Chanel Nº 5-Sager Napoleon an seine Frau Josephine als er von einer Schlacht heimkehrte: »Ich komme morgen Abend nach Paris zurück. Wasch dich nicht«. Die olfaktorischen Gustos sind halt verschieden – nicht nur im Wandel der Zeit.

War es zu Napoleons Zeiten vielleicht noch ein teures Rosenwasser, das noble Damen diskret auftragen konnten, so füllen heute zahllose, in den unterschiedlichsten mehr oder weniger geschmackvollen Flakons abgefüllte Duftwässer meterlange Regale in den Drogeriemärkten. Vom dezentesten Duft bis zum penetrantesten Parfum gibt es dort alles was Herz und Nase begehren. Von einem jedoch will ich Ihnen, meine geschätzten FederLeserinnen und -Leser, heute berichten. Jeder kennt es und kaum jemand verwendet es mehr. Meine Mutter hatte es noch in ihrem Schrank. Aber heutzutage? Wahrscheinlich kaum mehr eine Dame. Aber vielleicht irre ich auch.

Die Legende erzählt, dass ein Kartäusermönch ein »aqua mirabilis«, ein Wunderwasser, entwickelt und es seinem Freund Wilhelm Mühlens Anno 1792 zur Hochzeit geschenkt hat. So weit die Legende. Das Mönchlein war doch sicher ein frommer Mann, der dem Duft der Damen in seiner zölibatären Keuschheit nicht erlegen war, weshalb er dem Wässerchen medizinische Zwecke zuordnete und keine aphrodisierenden.

Besagter Bräutigam Mühlens beglückte mit diesem Wässerchen nicht nur seine Braut, sondern auch sich selbst indem er begann dieses Wässerchen in großem Stil zu produzieren und zu vermarkten; mit gutem Erfolg bis heute. Da er in Köln in der Glockengasse mit der Conskriptionsnummer 4711 lebte benannte er das Zeug nicht sehr einfallsreich schlicht und einfach nach seiner Hausnummer mit dem Untertitel »Eau de Cologne«, Kölnischwasser. Lebte der gute Mann heute, er würde einen Consultant aufsuchen um ein entsprechendes Branding über das Duftwasser zu stülpen; es hieße dann sicher ganz anders. Doch, der Erfolg gab und gibt ihm recht – gänzlich ohne teure Berater.

Wie gesagt ist das Wässerchen heute kaum mehr in den diversen Aliberts der heimischen Badezimmer anzutreffen. Doch das ist nicht überall auf der Welt so. Einem Artikel der Zeitung »Welt« entnehme ich, dass, während im deutschsprachigen Raum im ersten Lockdown Klopapier gehortet wurde, hortete man in der Türkei Kölnischwasser. Den duftmäßigen Unterschied möcht‘ ich Klavier spielen können (um noch schnell einen alten Kalauer aus der untersten Phrasen-Schublade zu holen). Da 4711 zu 80% aus Alkohol besteht, hat es nämlich neben seinem Duft auch eine desinfizierende Eigenschaft. Aktuell vielleicht ein kleiner Tipp an Geschäftsleute und Supermarktbetreiber statt dem schmierigen Zeug bei den Eingängen Eau de Cologne zur Hände Desinfektion anzubieten.

Und, weil es gerade irgendwie auch zum heutigen Thema passt, dem gleichen Zeitungsartikel entnehme ich auch, dass sich laut einer Studie nur 78% der Deutschen nach dem WC-Gang die Hände waschen (ich fürchte, wir Ösis stehen dem um Nichts nach), hingegen 98% der Türken. Ob mit Wasser und Seife oder 4711 besagte die Studie nicht.

2021 10 09/Fritz Herzog