Hundert Hintern
Keine Sorge, das heutige FederLesen wird, die Überschrift ließe es womöglich vermuten – wie der Schelm ist, so denkt er – weder ins Pornografische noch sonstwie Schlüpfrige abgleiten. Nein, heute geht’s um die wirbellosen Tierchen. Diese bitte nicht verwechseln mit rückgratlosen höheren Tierchen, wie man sie aus der Politik, oberen Managementetagen, aber vielleicht auch aus dem privaten und beruflichen Umfeld kennt. Die sind definitiv nicht gemeint.
Heute möchte ich über die wirbellosen Tierchen schreiben, die auch gelegentlich als die »niedrigen« bezeichnet werden. Die Bezeichnung »niedrig« ist in Wirklichkeit auch so eine herablassende menschliche Sichtweise, dabei sollten wir diesen Tierchen dankbar sein. Hätte sich nicht seinerzeit im Urmeer die erste Amöbe gebildet, es gäbe uns heute nicht. Zwar wäre damit der Erde einiges erspart geblieben, aber die Evolution ließ sich nach dieser ersten Amöbe scheints nicht mehr aufhalten.
Wiederum nicht ganz exakt, aber grob gesagt gehören zu den wirbellosen Tieren Insekten, Schnecken, Spinnen und Würmer und so Wasserbewohner wie Muscheln und Quallen. Im Großen und Ganzen also Lebewesen, die für uns meistens irgendwo zwischen »igitt-igitt, wie grauslich« und »ach-wie-wunderschön« oszillieren.
Eher letzteres sieht die Mikrobiologin Maureen Berg von der University of California in Berkeley in diesen Tierchen. Und, da die Dame nicht nur Wissenschaftlerin ist, sondern anscheinend auch über eine Menge Humor verfügt, hat es ihr ein Teil dieser Lebewesen besonders angetan. Konkret: Das Hinterteil (ob man bei diesen Tierchen auch von »Arsch« sprechen kann, weiß ich nicht). Sie tut es!
So stellte sie vor wenigen Wochen auf ihrem Twitter Account folgende Frage an ihre Follower: »Hallo, kennt jemand ein Tier, das mehrere Hinterteile hat?« und rief so die #invertbuttweek vom 1. bis 8. März ins Leben. Übersetzt man das etwa mit »umgekehrte-Arsch-Woche handelt es sich zwar fast um einen Pleonasmus, aber das dürfte Mrs. Berg egal gewesen sein. Ohne zunächst auf diese konkrete Frage einzugehen ob es tatsächlich mehrärschige Tierchen gibt (dazu komme ich schon noch) bekam sie von ihren Followern in den nächsten Tagen unzählige Fotos von Hinterteilen und Ausscheidungsorganen aller möglichen und unmöglichen wirbelloser Lebewesen. Und, bei der Betrachtung muss ich gestehen, die Mutter Natur hat sich dabei wirklich allerhand einfallen lassen.
Wenn Sie, meine geschätzten FederLeserinnen und -Leser der Meinung sind, Ihr Liebster oder Ihre Liebste hätte den süßesten und knackigsten Arsch (Sie können an dieser Stelle ruhig auch wen anderen denken – ist ja ein Geheimnis und ich verrate Sie nicht), so werden sie mit den zahllosen Fotos aller möglichen Ärsche von diesen wirbellosen Tieren Lügen gestraft. Wie gesagt, wer mag, mehr dazu auf Twitter unter #invertbuttweek.
Die Antwort auf die Frage ob es tatsächlich Lebewesen mit mehreren Hintern gibt bin ich Ihnen abschließend noch schuldig. Da es nichts gibt was es nicht gibt, gibt es auch so ein Tierchen. Es ist ein Wurm und trägt den wunderschönen Namen Ramisyllis multicaudata. Er lebt in Schwämmen der Tiefsee vor Australien. Das gute Tierchen hat zwar nur einen Kopf, aber mehr als hundert Darmausgänge; manchmal übertreibt es die Natur eben ein wenig. Sie brauchen sich jetzt nicht die dazu passende Klomuschel dazu vorstellen, denn dieser Wurm ist nur etwa ein Millimeter dick und vier Zentimeter lang. Und, da dieser Wurm geschlechtslos ist, braucht der Partner oder die Partnerin sich auch nicht zu entscheiden, welcher der über hundert Ärsche nun der knackigste ist.
2022 03 22/Fritz Herzog