FederLesen

2x Flucht und Heimkehr

Ernst Lothar: Die Rückkehr

Herbert Lackner: Rückkehr in die fremde Heimat

Zwei Bücher, zwei Österreicher – ein Thema! Das eine Buch des von den Nazis vertriebenen und 1946 aus dem Exil zurückgekehrten Autors, Regisseurs und Theaterdirektors Ernst Lothar, ist ein Roman, verfasst 1949. Bei dem zweiten Buch, verfasst vom Journalisten Herbert Lackner, handelt es sich um ein Sachbuch und verfasst wurde es erst heuer – 2021.

Ernst Lothar: Die Rückkehr

Der vor den Nazis aus Wien in die USA geflüchtete Jurist Felix von Geldern ersehnt nach Kriegsende nichts mehr als die Rückkehr nach Wien. Er ist zwar bereits amerikanischer Staatsbürger, jedoch ist die Liebe zu seiner alten Heimat größer und er kehrt zurück. In Wien erlebt er nicht nur eine völlig zerstörte Stadt, er muss auch erfahren, dass die Rückkehrer im Nachkriegs-Wien wenig erwünscht waren. Die vorherrschende Meinung ist, dass es den Exilanten in den USA doch viel besser ging als den Hiergebliebenen, die unter den Kriegsfolgen zu leiden hatten. Dazu kommt, dass der Antisemitismus nicht mit Hitler geendet hat, sondern auf vielerlei Art weiter präsent ist.

Als nunmehr Amerikaner genießt Felix zahlreiche Vergünstigungen, die den Österreichern nicht zur Verfügung stehen, wie der Einkauf günstiger Zigaretten, den Besuch bestimmter Bars und anderes mehr, was die Neidgesellschaft befördert.

Felix trifft in Wien seine tot geglaubte Jugendliebe wieder und heiratet sie. Dies obwohl er einem Mädchen in New York schon die Ehe versprochen hat und trotzdem er erfahren muss, dass seine Jugendliebe während seiner Exilzeit wahrscheinlich ein Verhältnis mit Goebbels und von Schirach hatte und sich nach dem Krieg amerikanischen Offizieren angedient hat. Wie es weitergeht, das sei hier nicht verraten.

Kein Wunder, dass das Buch 1949, als es erstmals erschienen ist, ein Ladenhüter war und dass es mehr als siebzig Jahre gedauert hat, bis eine Neuauflage von Erfolg gekrönt war – die Auseinandersetzung Österreichs mit seiner Vergangenheit hat eben lange gedauert!

Herbert Lackner: Rückkehr in die fremde Heimat

Nach »Als die Nacht sich senkte. Europas Dichter und Denker am Vorabend von Faschismus und NS-Barbarei« und »Die Flucht der Dichter und Denker. Wie Europas Künstler und Wissenschaftler den Nazis entkamen« erschien nun der letzte Band von Herbert Lackners Trilogie: »Rückkehr in die fremde Heimat: Die vertriebenen Dichter und Denker und die ernüchternde Wirklichkeit in Nachkriegseuropa«. Er handelt vom Umgang der Deutschen und Österreicher mit den nach Flucht und Exil in ihre Heimat zurückgekehrten Intellektuellen.

Erzählt werden die Rückkehrgeschichten von den Österreichern Karl Farkas, Bruno Kreisky, Robert Stolz, aber auch von Deutschen wie Bertolt Brecht, Thomas Mann und Willy Brandt. Und noch zahlreichen weiteren Personen.

Die Heimkehrer waren oft genug in ihrer alten-neuen Heimat nicht willkommen und die Bevölkerung verübelte den Geflüchteten das Leben im Exil und es verzögerte die Rückgabe des geraubten Vermögens so lange wie möglich. Unrühmliche Berühmtheit erlangten da die Sätze des damaligen SPÖ-Innenministers Oskar Helmer, nachzulesen in den Ministerratsprotokollen von 1948: »Ich sehe überall nur jüdische Ausbreitung … Auch den Nazis ist im Jahre 1945 alles weggenommen worden … Ich wäre dafür, dass man die Sache [der Vermögensrückgabe] in die Länge zieht«.

Wer sich mit der Geschichte von Flucht, Exil und den Problemen der Rückkehr auseinandersetzen will, dem kann ich beide Bücher, die auf so unterschiedliche Art und Weise das gleiche Problem behandeln, nur empfehlen, wobei ich beim Lackner Buch zusätzlich empfehlen würde zuerst die beiden vorangegangenen Bände zu lesen um ein gutes Gesamtbild zu bekommen.

2021 06 01/Fritz Herzog

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