»Irgendwie« zwischen »eh« und »halt«
Eine Hommage an die Füllwörter
Wenn Sie, meine geschätzten FederLeserinnen und -Leser, sich vielleicht gefragt haben, wieso Sie jetzt längere Zeit nichts Neues von mir gehört haben, so muss ich antworten, dass ich »eh« nicht auf der faulen Haut gelegen bin. »Einerseits«, so »quasi« meine kurze Antwort, habe ich endlich mein neues Buch fertig gemacht (darüber demnächst mehr) und »andererseits« leben wir »ja« derzeit in einer solchen, die »halt« nicht »gerade« zum Scherzen einlädt – Fasching hin oder her.
Wenn Sie bis hierher gelesen haben und sich an dieser Stelle fragen, weshalb ich den obigen Absatz so komisch formuliert und noch dazu manche Wörter scheinbar unmotiviert unter Anführungszeichen gesetzt habe, sind Sie schon auf der richtigen Spur. Es geht um Füllwörter. Um diese im Sprachgebrauch ebenso beliebten wie von Schularbeiten korrigierenden Gymnasialprofessoren und -innen verpönten Wörter. Unnötig seien diese, keine Sau braucht sie und wer schöne Sätze zu Papier bringen will meidet sie wie der Teufel das Weihwasser – mindestens, wenn nicht »überhaupt«!
Gottseidank ist es nicht ganz so schlimm. Der Linguist Daniel Gutzmann von der Ruhr-Universität-Bochum hat sich in seiner Dissertation mit diesen Wörtern beschäftigt und sie beinahe ins Herz geschlossen. Er nennt sie deshalb auch nicht Füllwörter, sondern Partikeln oder – fast liebevoll – die kleinen Wörter.
Ich erinnere mich an meinen Chemieprofessor, der immer, wenn er sich ob der Unruhe im Klassenzimmer (es war immer fad bei ihm!) in Rage redete, nach jedem speichelspeienden Satz oder Halbsatz das Wort »net« einfügte; mittels schülerseits geführten Stricherllisten wurde die Zahl der verwendeten »net’s« je Unterrichtsstunde erhoben. Sowohl sprachlich, als auch pädagogisch hatte der gute Mann »also« Luft nach oben.
Dort, wo es um klare Aussagen geht, sind Füllwörter »ja« tatsächlich unangebracht. Damit meine ich zum Beispiel Gebrauchsanweisungen (hier wiederum nicht jene mittels Google-Übersetzung aus dem Mandarin, Khmer oder Sanskrit übersetzten unlesbaren). Da sind sie »tatsächlich« unangebracht.
Gutzmann erklärt uns auch, dass es zwei Arten von Füllwörtern gibt. Da sind einmal die Hecken-Ausdrücke, Wörter hinter denen man sich versteckt, wenn man unsicher ist. So Worte wie »irgendwie«, »quasi« oder »sozusagen« gehören dazu. Und dann gibt es jene, die er Modularpartikel nennt. Dazu zählen »halt«, »eben« oder auch »ja«.
Da es sich hier aber auch um eine Hommage handeln soll, will ich ein paar Beispiele bringen, wie die Verwendung von Füllwörtern doch zu gänzlich unterschiedlichen Aussagen des Gesagten führen kann. Ich nehme jetzt den Satz »Der FederLeser schreibt Unsinn«. Dieser Satz enthält eine Feststellung mit Neuigkeitswert für den Angesprochenen. Sage ich hingegen »Der FederLeser schreibt ›ja‹ Unsinn« so sage ich etwas, das dem Vis-a-Vis schon bekannt sein dürfte. Sage ich wiederum »Der FederLeser schreibt ›quasi‹ Unsinn« so relativiere ich den Unsinn. Sage ich jedoch »Der FederLeser schreibt ›eigentlich‹ Unsinn«, bin ich mir nicht ganz sicher, ob es tatsächlich Unsinn ist.
Ein viel schöneres Beispiel von Gutzmann, das selbsterklärend ist, will ich zum Abschluss noch bringen. Er schreibt von einem Mann der aus dem Kreißsaal kommt und sagt »Es ist ein Mädchen« oder er sagt »Es ist ›ja‹ ein Mädchen«. Deutlicher kann man den Unterschied der Aussage – Freude vs. Enttäuschung – mithilfe des kleinen Füllworts »ja« nicht erklären.
»Also«, was lernen wir daraus? Verachtet mir die Füllwörter nicht, denn es kommt »quasi« immer auf den Zusammenhang an, in dem sie »halt« verwendet werden. Und »im Übrigen« ist es »sowieso« eine Frage der Dosierung, drum beende ich hier meine heutige Hommage und gelobe füllwörterische Besserung.
2022 02 27/Fritz Herzog