Sodom und Gomorrha
Wie uns die alten Schriften bis Heute überliefern, war der liebe Gott früher bei Gott noch konsequenter. Vom falschen Apfel abbeißen? Bumm Zack! »Raus aus meinem Garten«. Ein bissl Schlechtigkeit und – Bumm-Zack! – es regnet, dass es sich so gewaschen hat, dass die ganze Bagage mit Ausnahme des Noah und seiner Family mit Putz und Stingel ersäuft. Ein Hochhaus bis zum Himmel bauen? Bumm Zack! Und schon reden alle durcheinander (die Sprachverwirrungen unter den Bauarbeitern auf heutigen Baustellen dürften damals noch nicht bekannt gewesen sein).
Zuletzt: Sodom und Gomorrha. Gut die Leute dort waren wirklich keine Vaserln, aber gleich auf diese Art und Weise – Bumm-Zack! – tabula rasa zu machen, war das nicht wirklich ein wenig übertrieben? Er war halt der Ansicht die gehörten ausgerottet und so ließ er Feuer und Schwefel über die beiden Städte regnen, dass deren Bewohner inklusive der Frau Lot, jedoch exklusive deren Familie, nur so zu Salzsäulen dahingeschmolzen sind.
Doch dann erdreisten sich dreitausendsechshundert Jahre später ein paar Wissenschaftler und behaupten, ja, das stimme schon irgendwie, aber eben auch nur »irgendwie«. Es sei nämlich zu jener Zeit in der Gegend nordöstlich des Toten Meeres bei Tall el-Hammam, wo sich Sodom mitsamt Gomorrha angeblich befunden haben sollen, ein größerer Meteorit vom Himmel gefallen. Dieser Meteorit sei beim Eintritt in die Erdatmosphäre in ein paar Kilometer Höhe explodiert und hätte so den bekannten Schaden angerichtet. Der Fall soll jenem ähneln, als im Jahr 1908 in Sibirien ein Meteorit einschlug; der hatte immerhin die Sprengkraft von 185 Hiroshima Bomben. Mit Ausnahme von ein paar toten Rentieren war der Schaden in der sibirischen Einöde jedoch vergleichsweise überschaubar.
Wenn das alles tatsächlich so war, leuchtet es ein, dass in Sodom und Gomorrha kein Stein auf dem anderen geblieben ist. Zu beweisen versuchen die Forscher das alles mit verglasten Keramikfunden und Ähnlichem, was auf Temperaturen jenseits der zweitausend Grad hindeutet.
Aber damit nicht genug! In einem Aufwaschen erklären uns die nämlichen Forscher auch, dass die Druckwelle der Explosion so stark gewesen sei, dass davon möglicherweise auch die Mauern im 22 Kilometer entfernten Jericho eingestürzt seien. Also nix mit Posaunen und so. Ein wenig hatte ich den Verdacht schon immer, dass die Posaunengeschichte so nicht stimmen kann, denn wer baut schon solche Mauern, die nicht einmal einer Blasmusikkapelle standhalten können, wie laut und falsch diese auch spielen mag?
Wen wundert es da noch, wenn heutzutage himmlische Strafen ganz ausbleiben oder höchstens ein im Vergleich dazu harmloses Pandemietscherl über die Welt hereinbricht, wenn jedes Mal die moderne Wissenschaft daherkommt und alles Himmlische ganz sachlich zu erklären versucht? Vielleicht hat der liebe Gott ja auch schon einfach vor all dem, was sich da rund um den Erdball abspielt resigniert und es zugeht, dass Sodom und Gomorrha vor Neid erblassen würden. Wer weiß? Fast hätte ich jetzt noch geschrieben »er ist ja auch nur ein Mensch!« Aber das lass‘ ich lieber, wer weiß, was Ihrem FederLesen-Autor sonst drohte.
2021 10 29/Fritz Herzog