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FederLesen

2. April 2052

Es geht wahrlich nichts über eine langfristige Terminplanung, weshalb ich Sie, meine geschätzten FederLeserinnen und -Leser schon heute auf dieses wichtige Datum aufmerksam machen möchte. Sagen Sie jetzt nicht, das wären noch dreißig Jahre Zeit und wer weiß, was bis dahin alles geschehen kann. Ich halte dem entgegen: Kommen Sie mir nachher nicht damit, ich hätte Sie nicht gewarnt.

Wobei, selbst das könnte mir höchstwahrscheinlich gleichgültig sein, denn mit einiger Wahrscheinlichkeit residiere ich zu diesem Zeitpunkt schon dort, was die Amerikaner so treffend »six feet under« nennen. Hierzulande ist das eher unter dem Begriff »Radieschen von unten betrachten« bekannt.

Was jetzt Ihre Terminplanung betrifft, empfehle ich trotzdem sich für diesen Tag nichts vorzunehmen. Von Terminen beim Zahnarzt oder beim Finanzamt würde ich ebenso abraten, wie von größeren Anschaffungen oder Urlaubsreisen. Am ehesten sollten Sie Ihre Liebsten besuchen. So Sie religiös sind, kann der Besuch eines Beichtstuhles empfohlen werden und wenn nicht, kann Ihnen auch der Besuch Ihres Stammbeisls die bevorstehenden Misslichkeiten versüßen.

Aber was zum Teufel sind nun die Misslichkeiten dieses ominösen 2. Aprils 2052? Des Rätsels Lösung nennt sich »QM1«! Es war der 21. August des vergangenen Jahres als wieder einmal die Astronomen des Mount Lemmon Observatoriums in Arizona das Firmament nach allen möglichen dort draußen im Universum herumfliegenden Dingen absuchten. Versteckt hinter der Leuchtkraft der Milchstraße entdeckten sie ein bis dahin unbekanntes Trumm und nannten es in ihrer Einfallslosigkeit schlicht »QM1«. Besagtes Trumm mit einem Durchmesser von 50 – 80 Metern kreist, wahrscheinlich schon seit Ewigkeiten, in exakt 691 Tagen um die Erde.

Soweit so unspektakulär. Doch, als sie die Laufbahn dieses Asteroiden vorausberechneten, kamen sie zu dem Ergebnis, dass er an besagtem 2. April 2052 auf der Erde einschlagen würde. Na Bumm! Wenn ein Brocken dieser Größe auf der Erde einschlägt, dann spielt es in der Tat Granada. Die Dinosaurier könnten heute noch ein Lied davon singen, wären sie nicht in der Folge eines ähnlichen Meteoriteneinschlags ausgerottet worden.

Doch, sollten Sie nach dem Lesen des bisherigen FederLesen Textes Ihr Testament gemacht oder auch gelobt haben fürderhin ein sündenfreies Leben zu führen um dem ewigen Höllenfeuer zu entgehen, so kann ich Sie nunmehr beruhigen: Auch Wissenschaftler irren manchmal und verrechnen sich gelegentlich. Möglicherweise kalkulierten sie wie der Knieriem in Nestroys Lumpazivagabundus: »Das Astralfeuer des Sonnenzirkels ist in der goldenen Zahl des Urions von dem Sternbild des Planetensystems in das Universum der Parallaxe mittelst des Fixstern-Quadranten in die Ellipse der Ekliptik geraten; folglich muss durch die Diagonale der Approximation der perpendikulären Cirkeln der nächste Komet die Welt zusammenstoßen.« Klingt umwerfend logisch! Oder?

Jedenfalls war die erste Berechnung falsch und eine neuerliche ergab, dass dieser Asteroid mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zumindest in den nächsten hundert Jahren nicht auf der Erde einschlagen wird. Sie können also beruhigt etwas für den 2. April 2052 planen. Zu hoffen bleibt abschließend nur, dass sich die Forscher bei dieser Nachkalkulation nicht wiederum verrechnet haben. Hoffen wir’s!

2022 07 12/Fritz Herzog