Auf und weg (Teil 2 – Wo blieb Jimmy Hoffa?)
Im ersten Teil der Geschichte »Auf und weg« habe ich vom Verschwinden des Australischen Premierministers Harold Holt berichtet. Wer jetzt meint, gut, das war ein Einzelfall, sowas kommt doch heutzutage nicht mehr vor, dem muss ich heute mit dem Verschwinden eines zweiten mächtigen Mannes, mitten im 20. Jahrhundert entgegenhalten.
Jimmy Hoffa, obwohl bei uns in Europa nahezu unbekannt, galt in den 50er und 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts als einer der mächtigsten Männer der USA. Aus einfachsten Verhältnissen stammend, begann er seine Laufbahn als Lagerarbeiter. Aber schon mit neunzehn Jahren organisierte er erfolgreich seinen ersten Streik um bessere Löhne. Langsam aber sicher arbeitete er sich an die Spitze der Transportarbeiter Gewerkschaft »Teamsters« hoch. Seinen Aufstieg verdankte er nicht nur seinem gewerkschaftlichen Geschick, sondern, wenn es ihm notwendig erschien, auch seinen Fäusten.
Wie ihn seine Anhänger verehrten, so verachteten und bekämpften ihn seine Gegner. Zahllose Verhaftungen stehen ebenso in seiner Vita, wie mindestens ebenso häufige Schlägereien: ein erfolgreicher Gewerkschaftler mit, vornehm ausgedrückt, ungewöhnlichen Methoden.
Um Erfolg zu haben war ihm jedes Mittel recht. Über eine Freundin kam er in Kontakt mit Drei-Finger-Frank-Coppola, einem Führungsmitglied der Cosa Nostra. Trotzdem diese bis dahin immer auf der Unternehmerseite gestanden hatte, gelang es ihm – wie ist nicht genau bekannt – sie auf seine Seite zu ziehen und als Unterstützer zu gewinnen. Das, verständlich, wenig zur Freude der Justiz in Form des Justizministers Robert Kennedy, der bald sein Intimfeind werden sollte; mit wenig Erfolg.
Zwar lebte Hoffa in ständiger Angst einem Bombenattentat zum Opfer zu fallen, was ihn jedoch nicht daran hinderte mit einer Mischung aus Verhandlungsgeschick, Gewalt und Korruption die Interessen seiner Gewerkschaftsmitglieder zu vertreten. Am liebsten war er dabei draußen auf den Straßen bei seinen Truckern, die ihn bedingungslos verehrten.
So auch am 30. Juli 1975. Im Machus Red Fox, einem Straßenrestaurant in Bloomfield Hills bei Detroit aß er zu Mittag und stieg danach in einen Wagen in dem, so die wenigen Zeugen, mehrere Personen saßen, die er gekannt haben dürfte. Das war das letzte Mal, dass Jimmy Hoffa gesehen wurde.
Nun, ähnlich wie bei Harold Holt spannen sich ab da die wildesten Theorien, diesfalls noch verstärkt um seine Mafia-Connections. Erst sieben Jahre nach seinem Verschwinden wurde er für tot erklärt, Raum für jede Menge Theorien über seinen Verbleib.
Jetzt, meine geschätzten FederLeserinnen und -Leser, wird’s aber erst richtig g’schmackig und ein bissl makaber, ich will Euch aber trotzdem die diversen Theorien über seinen Verbleib nicht vorenthalten. Wurde er betäubt, erschlagen oder gar lebendig begraben? Gefunden hat man seinen Leichnam nie. Wurde er in den Kofferraum eines Autos verfrachtet und dieses in eine Schrottpresse gesteckt? Das eingeschmolzene Metall konnten die Ford-Werke von Detroit für einen funkelnden Neuwagen gut gebrauchen. Wer weiß in welchem Ami-Schlitten er noch Jahre später komprimiert durch die Gegend kutschiert wurde. Wurde er zerstückelt und in Florida an Alligatoren verfüttert? Oder wurde er im Hudson River versenkt (mit oder ohne mafiöse Betonpatscherln)? Oder wurde er in einem nahen Fettverarbeitungsbetrieb entsorgt der – Zufälle gibt’s! – kurz danach komplett abgebrannt ist?
Zahllos sind die Theorien seines Verschwindens, die neben seinen Fäusten und seinem Geschick als Gewerkschaftsführer zu seinem Mythos beigetragen haben. Und, es gibt in der Geschichte noch etwas zum Drüberstreuen, sein Sohn James Hoffa führt seit 1999 bei bester Gesundheit die Teamsters Gewerkschaft; mittlerweile länger als sein legendärer Vater.
2022 03 17/Fritz Herzog