Erstelle eine Website wie diese mit WordPress.com
Jetzt starten

FederLesen

Schlaf‘ Kindlein schlaf‘

Sicher kennen Sie den Text und die Melodie dieses alten Kinderliedes. Und irgendwie insinuiert der Text doch, dass Schlaf etwas für Kinder sei. Oder für Schafe, die der Vater im Lied zu hüten hat. Wer viel schläft sei faul, unproduktiv und sowieso ein Träumer und Nichtsnutz. Hinzu kommen so Sinnsprüche wie »Der frühe Vogel fängt den Wurm« oder »Morgenstund‘ hat Gold im Mund« oder gar »Im Bett sterben die Leut‘«.

Napoleon, angeblich auch so ein Wenigschläfer, wird folgender Satz zugeschrieben: »Vier Stunden schläft der Mann, fünf die Frau und sechs der Idiot«. Nun ja, dem kann ich nur entgegenhalten, hätte Napoleon ein bissl mehr geschlafen, wahrscheinlich wäre der Menschheit zwischen Russland, Leipzig und Waterloo einiges erspart geblieben. Ähnliche Schlafgewohnheiten werden übrigens neben Napoleon auch anderen Despoten von Cäsar bis Hitler nachgesagt.

Ich gestehe, Ihr FederLesen-Autor schläft viel und gerne und bei jeder sich bietenden Gelegenheit. Natürlich, werden Sie jetzt sagen, so ein Rentner wie der, der hat ja nix zu tun, schreibt alle ein bis zwei Wochen ein paar Zeilen FederLesen, aber sonst? Ja, eh, kann ich da nur antworten, hab‘ aber nicht einmal ein schlechtes Gewissen dabei.

Eigenlob stinkt zwar – oft genug gewaltig – und trotzdem kann ich es mir an dieser Stelle nicht verkneifen; Sie entschuldigen!

Ein Forscherteam der Universität Berkeley in Kalifornien hat nämlich herausgefunden, dass Menschen mit ausreichendem Schlaf empathischer sind. Na bitte! Die Probanden hatten jeweils nach einer durchwachten Nacht und einer mit ausreichendem Schlaf verschiedene Aufgaben zu bewerten. So beispielsweise ob sie einer älteren Frau in öffentlichen Verkehrsmitteln einen Sitzplatz anbieten oder eine Tür offenhalten oder einen Kollegen mit dem Auto zur Arbeit mitnehmen. Heraus kam, dass die Bereitschaft Gutes zu tun bei unausgeschlafenen Personen erheblich geringer ist als bei jenen, die ausreichend Schlaf hatten.

Statistische Erhebungen sind das Eine, wissenschaftliche Untersuchungen das Andere und so führten die Forscher zusätzlich noch Gehirn-Scans durch und stellten dabei fest, dass jene Bereiche unseres Gehirns, die für Einfühlungsvermögen und Empathie zuständig sind bei unausgeschlafenen Personen deutlich träger reagieren. Nun, ich weiß ja nicht wie es Ihnen geht, meine geschätzten FederLeserinnen und -Leser, aber wenn ich nicht ausgeschlafen bin, reagieren mehrere, wenn nicht alle meine Gehirnzellen – mitsamt dem Rest meiner Physis – träge.

Und weil Wissenschaftler bekanntlich ein neugieriges Völkchen sind, haben sie noch weiter geforscht und auch die Auswirkung der Zeitumstellung von Winter- auf Sommerzeit auf das Verhalten untersucht. Die Stunde, die wir bei der Frühjahrsumstellung verlieren bedeutet, dass wir da eine Stunde weniger Schlaf haben, ergo unausgeschlafen sind. Hier, so stellten sie fest, wirke sich die Müdigkeit wiederum auf das Spendenverhalten aus. Untersucht wurden drei Millionen Spenden jeweils vor und nach der Zeitumstellung im März und siehe da, in der Woche nach der Zeitumstellung sank das durchschnittliche Spendenaufkommen um sage und schreibe zehn Prozent. Ob mit der Umstellung im Oktober das Spendenaufkommen zum Ausgleich steigt, konnte ich leider nicht herausfinden. Vermutlich nicht.

Darum wünsche ich Ihnen einen guten und gesunden und ausreichenden Schlaf und sage »Gute Nacht«, »good night«, »buona notte« und »dobrou noc«, egal, ob Sie meinen heutigen Beitrag morgens, abends oder sonstwann dazwischen lesen; bekanntlich soll ja auch der Büroschlaf sehr gesund sein.

2022 09 19/Fritz Herzog