Adam und Eva (Teil 2)
Auf FederLesen ging es in der vergangenen Woche darum, dass im Rahmen einer gentechnischen Forschung festgestellt wurde, dass der Adam die Eva gar nicht gekannt haben kann. Also der Ur-Adam die Ur-Eva um genauer zu sein. War das schon eine enttäuschende Erkenntnis, so kommt es heute noch dicker.
Seit unseren Tagen der Kinderbibel, des Religionsunterrichts und des Katechismus war die Rollenverteilung zwischen den beiden sonnenklar. Hie der »gute« Adam, meist dargestellt als heroischer Mann mit Sixpack und allem was an maskulinen Klischees so dazugehört und da die »böse« Eva, meist in der Darstellung eines erotischen Pin-up-Girls, neben der jede Playboy-Mittelseite vor Neid erblasst (scheinbar hat doch jede Zeit ihre centerfolds). Die dahinter versteckte Aussage war jedoch sicherlich, dass an allem Unglück der Welt immer und ausschließlich das »Weibsvolk« (© Monty Python) schuld ist.
Um an dieser Stelle einem feministischen Shitstorm zu entgehen, sage ich es gleich vorweg: Es ist alles ganz anders! Eva ist unschuldig! Diesen Freispruch verdanken wir keiner theologischen Erkenntnis, keiner päpstlichen Bulle und auch keinem kanonischen Gerichtsspruch. Ein Spruch eines weltlichen Gerichts wäre schon allein aufgrund von Verjährung und Unzuständigkeit ohnehin ausgeschlossen gewesen.
Mag es auch unerhört klingen, aber das »Et ego te absolvo a peccatis tuis« über die Eva sprach kein geweihter Mann, wie man laienhaft vermuten könnte. Nein, es waren zwei Holländer, genauer Marjo Korpel, Professorin für das Alte Testament an der protestantisch-theologischen Universität in Amsterdam, und Johannes de Moor, ein emeritierter Professor für semitische Sprachen. Vermutlich sind beide keine Hardcore-Atheisten, denen man ketzerische oder gar häretische Absichten unterstellen könnte.
Die antike Stadt Ugarit, gelegen im Nordwesten des heutigen Syriens, war im 2.Jahrtausend v.Chr. eine bedeutende Handelsstadt und erlebte damals auch eine kulturelle Hochblüte; Keilschrift inklusive. So eine Keilschrifttafel wurde dort vor beinahe hundert Jahren ausgebuddelt. Anfang dieses Jahrhunderts haben die genannten Wissenschaftler diese entziffert und, siehe da, darauf ist die Adam und Eva Geschichte verewigt. Da dieser Keilschrift-Text aus dem 13. Jahrhundert v.Chr. stammt, also älter als der uns bekannte biblische Text ist, kann davon ausgegangen werden, dass dieser Text der authentischere ist (noch dazu, wenn man davon ausgeht, dass die Verfasser der uns bekannten Texte wahrscheinlich auch antifeministische Intentionen hegten).
Jedenfalls geht aus diesem Keilschrift-Text hervor, dass Adam so eine Art gottähnliches Wesen war, bis ihn der Teufel, Horon genannt, gebissen hat und er so seine Unsterblichkeit verlor. Danach hat der gebissene Adam die arme, ebenso unschuldige wie jungfräuliche Eva verführt und so sich mitsamt der Eva ins Verderben gestürzt. So weit, etwas vereinfacht, die Geschichte.
Wie die beiden Geschichten – hie jene, dass Adam und Eva sich gar nicht gekannt haben und da jene, dass Eva ein Unschuldslamm war – zusammenpassen, weiß ich nicht. Wahrscheinlich stimmt die Geschichte vom Urknall und der Entwicklung von der der Amöbe bis zum Homo Sapiens ohnehin viel eher. Aber, wer weiß, was Archäologen in Zukunft noch alles ausgraben und zu unserer allgemeinen Verwunderung übersetzen werden.
2022 02 14/Fritz Herzog