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FederLesen

2 Kinds of People

»Auf der Lahmgruab’n und auf der Wieden san ja die Gusto sehr verschieden« lautet der Refrain eines alten Wienerliedes von Franz Böhm. Dabei ist es doch gar nicht weit von der Lahmgruab’n, der Laimgrubengasse in Mariahilf, wo in früheren Zeiten Lehm abgebaut wurde, hinüber auf die Wieden. Nur der Wienfluss und der Naschmarkt trennen die beiden und doch gab oder gibt es noch immer recht ordentliche Unterschiede zwischen Menschen und deren Sichtweisen.

Genau solche kleinen Unterschiede versucht der portugiesische Blogger João Rocha auf seiner Seite »2 Kinds of People« auf humorvolle Weise herauszuarbeiten. Selbstbewusst schreibt er, es gibt nur »2 Kinds of People« auf der Welt, diejenigen, die seinen Blog irrsinnig witzig finden und diejenigen, die überhaupt keinen Sinn für Humor haben. Damit wird mir der Mann – unbekannterweise – sympathisch, ist er doch mit dieser Einstellung ein Bruder im Geiste Ihres FederLesen-Autors.

Das besondere an seinem Blog ist, dass er die Dinge nicht erklärt, sondern sie nur grafisch darstellt. Es sind die Kleinigkeiten, oft genug die Banalitäten des Lebens, die João Rocha herausarbeitet. Das reicht von Fragen wie z.B. Butter unter die Nutella aufs Brot oder nicht, über pickt man die Webcam am Notebook zu oder nicht, und verwendet man Lesezeichen in einem Buch oder knickt man die aktuelle Seite ein, bis hin zur Frage ordnet man seine Apps am Smartphone oder herrscht Chaos unter den Widgets.

Zahllose Beispiele führt João Rocha auf seinem Blog an, Dinge über die ich mir ehrlich gesagt noch nie Gedanken gemacht habe, die aber oft genug sehr viel über die Menschen aussagen. Ihren Charakter, ihre Lebenseinstellung, ja, bei allem Witz der dahintersteckt, über ihr gesamtes Sein. Essen Sie bei einer Pizza den Rand mit oder lassen Sie ihn über? Stellen Sie die Ketchup Flasche aufrecht oder verkehrt herum in den Kühlschrank? Schütten Sie die Milch in die Cornflakes oder die Cornflakes in die Milch? Schälen Sie die Banane von der Spitze oder vom Stängel weg? Beliebig ließe sich die Aufzählung fortsetzen.

Einer der ganz großen Unterschiede, der mir – ich gebe es reumütig zu – bis dato sträflicherweise nicht bekannt war, ist die Frage, wie man eine Klopapierrolle aufhängt. Ja, das ist doch wirklich eine wichtige Frage der Menschheit, der man oft genug gar nicht ausreichende Bedeutung beimisst. Sind Sie, meine geschätzten FederLeserinnen und -Leser ein Vorne- oder Hintenabreisser? Wie hängen Sie die Rolle auf? Vorne zum Abreißen oder hinten? Ich hoffe Sie gehen diesbezüglich mit Ihrem oder Ihrer Liebsten konform, schwere Konflikte könnten sonst am Horizont des stillen Örtchens herauf dräuen.

Es sind immer nur die Kleinigkeiten, die zu Konflikten in der Partnerschaft führen. Eine in der Vergangenheit oft zitierte war die, drückt man die Zahnpastatube von vorne oder von hinten aus. Diese essentielle Lebensfrage hat sich Gottseidank erübrigt seit Zahnpasten nicht mehr in Aluminiumtuben, sondern in solche aus Kunststoff abgefüllt werden, wo die Druckstelle egal ist. Damit hat man zwar giftiges Aluminium durch die Absonderung von Mikroplastik ersetzt, aber abseits dessen können wir daraus schon lernen, dass der menschliche Fortschritt manchmal auch eine konfliktlösende Wirkung haben kann.

Was bleibt, sind aber immer noch genug Unterschiede in den Verhaltensweisen. Nehmen wir es doch wie João Rocha mit Humor, so wird alles ein bissl leichter, gleich ob Sie aus »der Lahmgruab‘n« kommen oder aus »der Wieden« oder von »Sonst-Wo-Her«.

2021 08 21/Fritz Herzog